“Den DAAD-geförderten Publikationen liegt ein hoher Anteil an internationalen Kooperationen zugrunde”
Dr. Torger Möller und Philippe Dittmann sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Gemeinsam haben sie eine Studie durchgeführt, die die Wirkung der DAAD-Graduiertenförderung anhand der Publikationen der (ehemaligen) DAAD-Geförderten untersucht. Im Interview erläutern sie, wie sie dabei methodisch vorgegangen sind, was aus ihrer Sicht die zentralen Befunde der Studie sind und welche praxisrelevanten Empfehlungen sich hieraus für den DAAD und andere Förderorganisationen ableiten lassen.
Dr. Torger Möller (l.) und Philippe Dittmann sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). (Bildquelle: Petra Nölle/DZHW)
Lieber Herr Möller, lieber Herr Dittmann, könnten Sie zunächst einmal kurz und möglichst verständlich erläutern, welcher Forschungsfrage Sie mit Ihrer Analyse nachgegangen und wie Sie dabei methodisch vorgegangen sind?
Möller: Unsere Forschungsfrage war, welche Publikationen aus der Förderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes hervorgegangen sind, aus welchen Ländern diese stammen und wie häufig diese zitiert wurden. Diese sogenannten bibliometrischen Analysen werden seit vielen Jahren insbesondere auf Länder- und Universitätsebene durchgeführt. In Bezug auf Forschungsförderer sind solche Untersuchungen jedoch eher selten. Das hat vor allem methodische Gründe: Veröffentlichungen lassen sich den Ländern oder Universitäten anhand der Adressen der Autorinnen und Autoren vergleichsweise einfach zuordnen. Für die Zuordnung von Publikationen zu den Forschungsförderern müssen jedoch die in den Veröffentlichungen enthaltenen Danksagungstexte analysiert werden. Das ist deutlich aufwendiger.
Dittmann: Wir haben mehr als 100 Millionen Publikationen aus drei bibliometrischen Datenbanken – Dimensions, Scopus und Web of Science – zwischen 2010 und 2020 daraufhin untersucht, ob in diesen der DAAD als Förderer genannt wurde. Wir konnten insgesamt 148 verschiedene Schreibweisen des DAAD identifizieren. Im Web of Science fanden wir die meisten DAAD-geförderten Veröffentlichungen. Diese haben wir anschließend mit Daten aus der DAAD-Förderung verknüpft, um weiterführende Analysen, beispielweise zu einzelnen Förderprogrammen, durchführen zu können.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten inhaltlichen Befunde Ihrer Analyse?
Möller: Unserer Ergebnisse zeigen, dass DAAD-geförderte Publikationen aus aller Welt stammen. Insgesamt sind es 169 Länder. An 82 Prozent der Veröffentlichungen sind auch Autorinnen und Autoren aus Deutschland beteiligt. Den DAAD-geförderten Publikationen liegt ein hoher Anteil an internationalen Kooperationen zugrunde, der über den Durchschnittswerten der deutschen beziehungsweise weltweiten Veröffentlichungen liegt. Das internationale Förderportfolio des DAAD spiegelt sich somit in unseren Ergebnissen wider. Dabei wirkt die DAAD-Förderung besonders stark in Ländern mit weniger entwickelten Hochschul- und Wissenschaftssystemen, insbesondere in Afrika, Teilen Mittel- und Südamerikas sowie Asiens. Der Anteil der DAAD-geförderten Publikationen am Gesamtoutput dieser Länder ist überdurchschnittlich hoch, was die Bedeutung der DAAD-Förderung für die wissenschaftliche Entwicklung in diesen Regionen unterstreicht.
Dittmann: Wir haben auch die Zitationen der DAAD-geförderten Publikationen mittels der Exzellenzrate gemessen. Der Exzellenzindikator gibt an, wie hoch der Anteil an den weltweit meistzitierten Veröffentlichungen ist. Die Exzellenzrate der DAAD-geförderten Publikationen liegt über dem weltweiten Vergleichswert. Unsere Ergebnisse zeigen Unterschiede zwischen den DAAD-Förderprogrammen und der Gruppe der Geförderten. Die DAAD-Individualförderung weist eine höhere Exzellenzrate auf als die gesamte DAAD-Förderung. Programme, die dezidiert auf die Förderung von Forschungsprojekten abzielen, haben die höchsten Werte. Wir möchten jedoch davor warnen, die einzelnen Förderprogramme ausschließlich aufgrund der Exzellenzrate zu bewerten, sondern immer auch die Programmziele und die Gruppe der Geförderten mit in den Blick zu nehmen. So steigt die Exzellenzrate beispielsweise mit dem akademischen Grad der Geförderten an, von den Graduierten über die Promovierenden bis hin zu den Postdocs.
Welche praktischen Handlungsempfehlungen ergeben sich Ihrer Einschätzung nach aus Ihrer Analyse für den DAAD und andere Förderorganisationen, die den Publikationserfolg ihrer Geförderten als eine Wirkungsdimension ihrer Förderarbeit betrachten?
Dittmann: Wir empfehlen, dass der DAAD und andere Förderorganisationen ihre Geförderten auffordern sollten, den Förderkontext in den Publikationen immer und möglichst einheitlich anzugeben. Ein von den Forschungsförderern vorgegebener Standardtext für Danksagungen wäre hier hilfreich. Dieser sollte die offizielle Schreibweise des Forschungsförderers auf Deutsch und Englisch sowie ein eindeutiges Förderkennzeichen beinhalten. Dadurch würde die Identifikation der geförderten Publikationen erleichtert. Es ist jedoch hervorzuheben, dass obwohl der DAAD in dem von uns untersuchten Zeitraum keine oder keine einheitlichen Vorgaben gemacht hat, wir dennoch eine Vielzahl von DAAD-geförderten Veröffentlichungen identifizieren konnten. Das liegt aus unserer Sicht vor allem daran, dass die Nennung des Förderhintergrunds mittlerweile zum akademischen Standard geworden ist.
Möller: Eine weitere zentrale Empfehlung ist, dass Forschungsförderer ihre bestehenden Monitoring-Aktivitäten durch bibliometrische Analysen ergänzen sollten. Forschungsförderer haben oft nur unvollständige Informationen darüber, welche Publikationen aus ihrer Förderung hervorgegangen sind und wie häufig diese zitiert wurden. Zwar melden die Geförderten ihre Veröffentlichungen während des Förderzeitraums, doch viele Publikationen erscheinen erst nach Einreichung des Abschlussberichts, sodass die Förderer davon keine Kenntnis erhalten. Bibliometrische Studien, die geförderte Publikationen anhand der Danksagungstexte auch noch Jahre nach dem Förderende identifizieren können, bieten ein umfassenderes Bild des Publikationsoutputs und der Rezeption der Forschungsergebnisse in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Bibliometrische Analysen ergänzen und bereichern somit das bestehende Monitoring der Förderorganisationen.
Zur Person
Dr. Torger Möller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Seine wissenschaftlichen Arbeiten umfassen die Themenfelder Forschungsförderung und Begutachtung, wissenschaftliche Karrieren sowie Governance der Wissenschaft.
Philippe Dittmann ist Promovend an der bergischen Universität Wuppertal und Gastwissenschaftler am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). In seiner Dissertation beschäftigt er sich mit akademischer Performanz in Form von Publikationen und Fördermitteln.
Jan Kercher ist seit 2013 beim DAAD tätig und Projektleiter für die jährliche Publikation Wissenschaft weltoffen. Darüber hinaus ist er im DAAD für verschiedene andere Projekte zum Austausch zwischen Hochschulforschung und Hochschulpraxis sowie die Durchführung von Studien- und Datenerhebungsprojekten zur akademischen Mobilität und Internationalisierung der Hochschulen zuständig.