25. November 2022

“Internationale Studierende wünschen sich von den Lehrenden korrektives Feedback”

Im zweiten Teil unserer Interview-Serie zum DAAD-Sammelband “Internationale Studierende in Deutschland: Perspektiven aus Hochschulforschung und Hochschulpraxis” sprechen wir mit Prof. Dr. Zeynep Kalkavan-Aydın (PH Freiburg) über ihren Beitrag zum Thema “Feedback in der DaF-Onlinelehre: Erfahrungen und Erwartungen internationaler Studierender während der COVID-19-Pandemie”. Dabei zeigt sich: Feedback stellt für die individuelle Lernentwicklung in der Online-Lehre eine wichtige Säule dar. Ziel sollte daher ein positives Feedback-Klima zwischen den Teilnehmenden sein, welches durch die Lehrkraft, aber auch durch die Studierenden selbst geschaffen werden könne, erläutert Zeynep Kalkavan-Aydın im Interview.

Prof. Dr. Zeynep Kalkavan-Aydın lehrt und forscht am Arbeitsbereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (DaF und DaZ) an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. (Bildquelle: Studioline Photography)

Was war Anlass und Ziel Ihres Projektes?

Das Projekt ist Teil einer Studie zum Unterricht in Deutsch als Fremdsprache – sowohl in der analogen als auch in der digitalen Form. Formate wie Blended Learning gibt es in der Fremdsprachenvermittlung schon seit vielen Jahren. Dennoch hat die Pandemie viele Hochschulen, Lehrende und vor allem auch Studierende mit der kurzfristigen Umstellung des analogen Unterrichts in digitale Formate vor große Herausforderungen gestellt. Es waren also vor allem universitäre Lehrangebote für uns interessant, die innerhalb kürzester Zeit von einem analogen in einen digitalen Unterricht für Deutsch als Fremdsprache umgestellt werden mussten.

Unser Ziel war es, deutschlandweit internationale Studierende zu befragen, die während der Pandemie an digitalen Lehrangeboten zu Deutsch als Fremdsprache teilgenommen hatten. Uns interessierten ihre Erfahrungen, ihre Motive, aber vor allem auch ihre Einschätzungen und Haltungen in Bezug auf unterrichtsrelevante Aspekte, die die unterschiedlichen Bedingungsfaktoren für den Einsatz dieser Lehrangebote sowie die Reflexion von Feedback betreffen. Daher wollten wir u.a. erfahren, inwiefern multimodale Möglichkeiten für Feedback sowohl im als auch im Anschluss an den Online-Unterricht von Lehrenden und Studierenden eingesetzt werden. Neben dem verbalen Feedback interessierten uns auch nonverbale Aspekte (z.B. Nutzung von Emojis), die Nutzung der Kamera sowie interaktive auditive und schriftliche Optionen (z.B. eine kurze Rückmeldung zu Aufgaben als Audiodatei anstelle einer schriftlichen Datei). Dabei haben wir u.a. nach unterschiedlichen Sprachniveaustufen, also von A1 aufwärts, differenziert.

Diese Untersuchung ist also in zweifacher Hinsicht von hoher Bedeutung. Erstens: Der Blick wird auf Erfahrungen von internationalen Studierenden und speziell auf Feedback gerichtet, die z.B. die Selbstregulation betreffen. Zweitens: Aus der Befragung wurde abgeleitet, welche Erwartungen internationale Studierende auf unterschiedlichen Sprachniveaus hinsichtlich des Einsatzes von Feedback in der Online-Lehre haben. Aus diesen Erwartungen lassen sich Erkenntnisse ableiten, die für die Planung und Durchführung von Online-Lehre im Bereich der Fremdsprachenvermittlung von hoher Relevanz sind.

Was sind die wichtigsten Befunde bzw. Ergebnisse Ihres Projektes aus Forschungsperspektive?

Ein wichtiges Ergebnis ist, dass internationale Studierende in Bezug auf Feedback in der Online-Lehre sehr reflektiert und zugleich differenziert geantwortet haben. Feedback stellt für die individuelle Lernentwicklung und die Lernprozessorientierung also offensichtlich eine wichtige Säule dar. Eine von den Studierenden besonders geschätzte Feedback-Form ist das Peer-Feedback. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass diese vor allem bei mündlichen Lehr-Lernaktivitäten, z.B. in Gruppenarbeitsphasen, eingesetzt wird – jedoch relativ unregelmäßig. Zusätzliche digitale Tools wie Wikis oder Lernplattformen werden von Studierenden auf höheren Sprachniveaus für Feedback genutzt, aber noch selten von den Lehrenden.

Vor allem aber wünschen sich internationale Studierende von den Lehrenden möglichst zeitnah korrektives Feedback und zwar sowohl mündlich als auch schriftlich. Als bevorzugte Feedback-Form werden insbesondere das persönliche Gespräch und das schriftliche persönliche Feedback (etwa in einer E-Mail) genannt. Eine andere und nicht weniger relevante Ebene betrifft das Feedback-Klima in digitalen Veranstaltungen. Studierende wünschen sich vor allem interaktionales Feedback und nehmen dieses als besonders positiv wahr. Gemeint ist damit ein positives Feedback-Klima zwischen den Teilnehmenden, welches durch die Lehrkraft, gleichzeitig aber auch durch die Studierenden selbst geschaffen werden kann. So wurde uns auch rückgemeldet, dass sprachliche Korrekturen und vor allem unsachliche Feedbacks nicht immer wertschätzend oder zielführend seien.

Welche konkreten Schlussfolgerungen könnten sich aus Ihrem Projekt für die Hochschulpraxis ergeben?

Ein zentrales Ergebnis ist, dass Interaktion und Feedback auch in der Online-Lehre eine besonders wichtige Erfolgsbedingung darstellen. Damit ist einerseits die Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden und andererseits die Interaktion unter den Studierenden gemeint. Um die individuelle Lernentwicklung und zugleich auch ein positives Lern- und Feedback-Klima zu fördern, sollten daher gezielt Feedback-Strategien eingeführt und etabliert werden. Diese unterstützen nicht nur den Sprachlernprozess, sondern fördern gleichzeitig auch ein positives Klima im Online-Classroom.

Eine Vielfalt an Möglichkeiten zeigt sich auch bei inhaltlicher Differenzierung und auf den unterschiedlichen Sprachniveaus. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass viele Möglichkeiten für Feedback vor allem auf den verschiedenen Niveaustufen offenbar kaum bekannt sind oder nicht genutzt werden. Daher ist die Berücksichtigung multimodalen Feedbacks bei der Vorbereitung und Durchführung von Online-Unterricht ein essenzieller Baustein für guten Online-Unterricht.

Quelle: Eric Lichtenscheid

Autor: Dr. Jan Kercher, DAAD

Jan Kercher ist seit 2013 beim DAAD tätig und Projektleiter für die jährliche Publikation Wissenschaft weltoffen. Darüber hinaus ist er im DAAD für verschiedene andere Projekte zum Austausch zwischen Hochschulforschung und Hochschulpraxis sowie die Durchführung von Studien- und Datenerhebungsprojekten zur akademischen Mobilität und Internationalisierung der Hochschulen zuständig.

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