11. Dezember 2023

“Die Studierenden sollen sich bestmöglich sozial integrieren und willkommen geheißen fühlen”

Dr. Merlinda Dalipi ist im Welcome Centre der Humboldt-Universität zu Berlin für die Betreuung und Beratung von internationalen Studierenden und Promovierenden zuständig. Aktuell leitet sie in diesem Rahmen auch das vom DAAD geförderte Betreuungsprogramm HU GO STUDY, kurz HUGS. Im Interview erläutert sie den Anlass und die Ziele von HUGS, den Einfluss des vom DAAD koordinierten SeSaBa-Forschungsprojekts hierbei und die Wirkungsmessung im Rahmen des Programms.

Dr. Merlinda Dalipi ist im Welcome Centre der Humboldt-Universität zu Berlin für die Betreuung und Beratung von internationalen Studierenden und Promovierenden zuständig. (Bildquelle: Christine Fiedler)

Liebe Frau Dalipi, können Sie kurz erläutern, was der Anlass für das HUGS-Projekt war und welche Ziele die HU damit genau verfolgt?

Die Gestaltung und der Ausbau der Willkommenskultur in Form von Betreuungsangeboten ist ein zentraler Teil der Gesamtstrategie zur Förderung der Internationalität der Humboldt-Universität. Und vor diesem Hintergrund ist auch das Betreuungsprogram HU GO STUDY – kurz: HUGS – zu sehen. Mit HUGS haben wir eine zentrale Stelle für eine fachliche und soziale Betreuung und Beratung der internationalen Studierenden geschaffen, um die Studieneingangsphase zu erleichtern und optimale Studienbedingungen zum Studienstart für internationale Bachelor- und Masterstudierende zu ermöglichen – sowohl in deutschsprachigen als auch in englischsprachigen Studiengängen. Die Studierenden sollen sich bestmöglich sozial integrieren und willkommen geheißen fühlen.

Zentrale Ziele bei HUGS sind somit: den Studienerfolg zu sichern, die Studienabbruchquote zu reduzieren und die Willkommenskultur zu stärken. Bei der Konzeption haben wir uns am Studienverlauf bzw. der “student journey” orientiert und haben HUGS bewusst als studienphasenbegleitend angelegt. Die Studierenden werden während ihres gesamten Studiums vielfältig begleitet und unterstützt und können selbst flexibel entscheiden, wann sie welche Angebote während ihres Studiums nutzen wollen.

Bei der Entwicklung des HUGS-Konzepts wurden von Ihnen auch Befunde des SeSaBa-Projekts berücksichtigt, das der DAAD gemeinsam mit der FernUniversität in Hagen und dem IHF in München durchgeführt hat. Welche Befunde waren das genau und wie haben sie Eingang in das HUGS-Projekt gefunden?

Die SeSaBa-Studie sollte meiner Meinung nach Ausgangspunkt für jede erfolgreiche Gestaltung von Betreuungsprogrammen für internationale Studierende an deutschen Universitäten sein. Bei der Konzeption von HUGS war sie definitiv von zentraler Bedeutung und eine wertvolle Ressource. Wir haben die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie im Vorfeld genau ausgewertet und in Maßnahmen übersetzt. In der Studie wurde beispielsweise belegt, dass die Studieneingangsphase, die Zeit vor der Ankunft in Deutschland und die individuellen Erwartungen und Motive der Studierenden zu wenig Beachtung finden. Bei HUGS haben wir daraufhin die ohnehin geplante Gestaltung der Studieneingangsphase noch weiter ausgebaut und den Fokus auf das Erwartungsmanagement gelegt. Die Studieneingangsphase von HUGS startet deshalb mit einem zeit- und ortsunabhängigen digitalen Orientierungs- und Informationsangebot mit fachbezogenen Inhalten und mehr als 32 virtuellen Beratungs-Meetings, beginnend bis zu vier Wochen vor Semesterbeginn. So können wir bereits vor der Anreise Erwartungen abfragen und individuell auf Motivation und Wünsche der Studierenden eingehen. Die Studieneingangsphase vor Ort wird durch zahlreiche Kultur- und Networking-Events, weitere Informationsveranstaltungen und interkulturelle Trainings ergänzt. Das interkulturelle Training fokussiert sich inhaltlich gezielt auf die Vorbereitung und Anpassung an neue Lehr-Lernkulturen sowie Themen allgemeiner kultureller Reflexion und thematisiert dabei die Universität als kulturellen Raum, der geprägt wird durch Muster sozialer Praxis und Rituale.

Auch die Empfehlung der SeSaBa-Studie, nicht-akademische Aspekte im Studienverlauf zu integrieren, wurde in entsprechende Maßnahmen übersetzt, indem wir Angebote zur Studienfinanzierung mit Fokus auf Stipendien und Nebenjobs, Bewerbungs-Coaching und Informationsveranstaltungen zum Thema Wohnen angeboten haben.  Das wichtige Thema der sozialen Integration als Basis für Motivation und Zufriedenheit im Studium wurde nicht zuletzt durch die Metapher HUGS gefördert. Der Name ist Programm: HUGS – englisch für Umarmungen – fördert genau dieses Zugehörigkeitsgefühl und Willkommensmoment und signalisiert den Studierenden: Wir umarmen und begleiten euch, heißen euch so herzlich willkommen und sind der feste Anker während eures ganzen Studiums an der HU für euch.  

Wie messen Sie die Wirkung des Programms? Und gibt es bereits bestimmte Lehren und Erfahrungen aus dem HUGS-Projekt, die Sie anderen Hochschulen, die vielleicht ähnliche Projekte planen, mit auf den Weg geben können?

Zum einen werten wir das Angebot durch ein mehrstufiges Evaluationskonzept mit entsprechenden Evaluationsbögen pro Veranstaltung, der Erstellung von Statistiken und der Dokumentation in Form eines Evaluationsberichtes pro Semester aus. Zum anderen wird die Wirksamkeit des Projektes für die Zielgruppe der Degree-Seekings, also der regulären internationalen Studierenden mit Abschlussabsicht in Deutschland, zusätzlich gemeinsam mit der Stabsstelle Qualitätsmanagement und der Datenschutzbeauftragten der HU analysiert. Dabei werden die Studienverläufe und die Wirksamkeit der Betreuung mit Blick auf die Studienabbruchquote überprüft und dokumentiert. Da wir mit HUGS erst im dritten Jahr sind, werden erste Ergebnisse ab 2024 vorliegen. Auf Basis unserer bisherigen Erfahrungen mit dem HUGS-Projekt wären erste Empfehlungen: die Ergebnisse der SeSaBa-Studie berücksichtigen, stets einen ganzheitlichen Ansatz in der Konzeption verfolgen, das Thema Wellbeing und Mental Health als festen Baustein in das Konzept integrieren,  digitale und Präsenzformate  auf ausgewogene Weise miteinander  verbinden und sich von Anfang an innerhalb der Universität mit Fakultäten und anderen Multiplikatoren vernetzen.

Quelle: Eric Lichtenscheid

Autor: Dr. Jan Kercher, DAAD

Jan Kercher ist seit 2013 beim DAAD tätig und Projektleiter für die jährliche Publikation Wissenschaft weltoffen. Darüber hinaus ist er im DAAD für verschiedene andere Projekte zum Austausch zwischen Hochschulforschung und Hochschulpraxis sowie die Durchführung von Studien- und Datenerhebungsprojekten zur akademischen Mobilität und Internationalisierung der Hochschulen zuständig.

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