28. April 2025

“Die gebührenfreie Studienvorbereitung an staatlichen Studienkollegs ist im internationalen Vergleich ziemlich einzigartig”

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt „Studienkollegs für internationale Studieninteressierte – Studienvorbereitung im Wandel“ (Stukol) wurde im letzten Jahr erfolgreich abgeschlossen, nun wurde die Abschlusspublikation „Zwischen zwei Welten: Die Studienvorbereitung internationaler Studierender in Deutschland“ veröffentlicht. Im Interview erläutern die beiden Auto-rinnen Rocio Ramirez und Olivia Laska vom Institut für Hochschulforschung an der Martin- Luther-Universität Halle Wittenberg, warum die Studienvorbereitung von internationalen Studierenden in Deutschland wichtig ist, welche Angebote den Studierenden neben den staatlichen Studienkollegs zur Verfügung stehen und wie sich das deutsche System der Studienvorbereitung von anderen Ländern unterscheidet.

Rocio Ramirez und Olivia Laska arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Hochschulforschung (HoF) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. (Bildquellen: privat)

Zunächst eine grundlegende Frage: Warum brauchen wir in Deutschland überhaupt Angebote zur Studienvorbereitung von internationalen Studierenden? Sind viele diese Studierenden zu schlecht auf ein Studium in Deutschland vorbereitet, um dieses auch ohne solche Vorbereitungskurse bestehen zu können?

Olivia Laska: Der Hauptgrund liegt nicht darin, dass internationale Studierende per se schlechter vorbereitet wären, sondern dass die Bildungssysteme weltweit einfach sehr unterschiedlich sind. Was in einem Land als Hochschulzugangsberechtigung gilt, deckt nicht automatisch die gleichen Inhalte ab wie in Deutschland.

Das zentrale Element ist aber definitiv die Sprache. Da die meisten Bachelorstudiengänge in Deutschland nach wie vor auf Deutsch unterrichtet werden, brauchen internationale Studierende einen sicheren sprachlichen Umgang. Es geht nicht nur um Alltagsdeutsch, sondern um akademisches Deutsch, Fachbegriffe und wissenschaftliches Schreiben – das ist selbst für Muttersprachler oft eine Herausforderung.

Rocio Ramirez: Man könnte die Frage ja auch mal umdrehen: Sind die deutschen Hochschulen überhaupt so gut darauf vorbereitet, mit den ganz unterschiedlichen Bildungshintergründen internationaler Studierender umzugehen – also so, dass man auf eine Studienvorbereitung komplett verzichten könnte?

Die Praxis zeigt außerdem: Viele Studienbewerberinnen und -bewerber, die versuchen, die Feststellungsprüfung ohne vorherige Studienvorbereitung zu bestehen, scheitern daran. Und das liegt nicht daran, dass sie weniger begabt wären. Es macht vielmehr deutlich, wie zentral die Inhalte der Studienvorbereitung für einen erfolgreichen Studienstart in Deutschland sind.

Die staatlichen Studienkollegs in Deutschland können Ihren Berechnungen nach nur gut die Hälfte des Bedarfs an Studienvorbereitungsplätzen abdecken. Welche Alternativen stehen den internationalen Studierenden, die einen Studienvorbereitungskurs benötigen, zur Verfügung?

Olivia Laska: Neben den staatlichen Studienkollegs gibt es kirchliche Studienkollegs, eine wachsende Zahl an privaten Anbietern und bundeslandeigene Maßnahmen. In Brandenburg, Bremen und im Saarland wurden zum Beispiel eigene Modelle entwickelt. Zunehmend entstehen auch Angebote im Ausland mit digitalen Elementen, die eine Vorbereitung schon im Heimatland ermöglichen.

Die Kehrseite dieser Vielfalt ist, dass das System für die Bewerberinnen und Bewerber oft unübersichtlich wirkt. Der Informationszugang ist nicht immer einfach, besonders wenn man berücksichtigt, dass die Bewerbungsprozesse und -fristen stark variieren können. Für viele internationale Studierende ist es daher schwierig, den für sie passenden Weg zu finden und rechtzeitig die richtigen Schritte einzuleiten.

Rocio Ramirez: Was wir auch sehen: Immer mehr Hochschulen entwickeln eigene Einstiegsprogramme oder bieten Brückenformate an, teilweise sogar in Zusammenarbeit mit Partnern im Ausland. Das zeigt, dass sich die Hochschullandschaft bewegt – aber eben sehr unterschiedlich von Bundesland zu Bundesland oder sogar von Hochschule zu Hochschule.

Und nicht zuletzt stellt sich die Frage der Chancengleichheit. Während staatliche Studienkollegs in der Regel kostenlos sind, müssen für private Angebote oft hohe Gebühren gezahlt werden. Das kann für viele eine echte Hürde sein – nicht nur finanziell, sondern auch, was die Auswahl und Bewertung der Qualität angeht.

Olivia Laska: Die Preisunterschiede – von 1.850 bis zu 10.000 Euro für vergleichbare Kurse – spiegeln nicht immer die Qualität wider. Es gibt leider auch vereinzelt Anbieter, die mit unrealistischen Erfolgsversprechen werben und die nötige fachliche Tiefe vermissen lassen. Studieninteressierte sollten daher unbedingt prüfen, ob der Anbieter eine staatliche Anerkennung besitzt oder durch die Kooperation mit einer deutschen Hochschule die Feststellungsprüfung abnehmen darf. Und nicht zuletzt: Skepsis ist angebracht bei Anbietern, die eine Erfolgsgarantie versprechen oder ungewöhnlich kurze Vorbereitungszeiten anbieten.

Sie haben sich im Rahmen Ihres Forschungsprojekts auch die Situation der Studienvorbereitung von internationalen Studierenden in anderen Ländern angeschaut. Was sind die wichtigsten Unterschiede zum Ansatz der Studienvorbereitung in Deutschland? Und gibt es hier vielleicht auch Ideen oder Ansätze, von denen wir in Deutschland etwas lernen könnten?

Olivia Laska: Der größte Unterschied zum deutschen System ist, dass in den meisten anderen Ländern die Studienvorbereitung direkt an den Hochschulen stattfindet, an denen die Studierenden später auch studieren möchten. In Deutschland haben wir dagegen mit den staatlichen Studienkollegs einen eigenständigen Bildungseinrichtungstypus, die eine landesweit anerkannte Hochschulzugangsberechtigung bieten. Ein weiterer markanter Unterschied sind die Kosten. Die Studienvorbereitung in Deutschland ist an staatlichen Studienkollegs gebührenfrei – ein Prinzip, das im internationalen Vergleich ziemlich einzigartig ist.

Was könnten wir von anderen Ländern lernen? Ich denke, besonders interessant sind die engere Verzahnung mit den Hochschulen und die flexibleren Zugangsmodelle. In Australien beispielsweise gibt es akkreditierte Programme sowohl an Hochschulen als auch von privaten Anbietern, die aber alle vom Bildungsministerium anerkannt sein müssen. Das schafft potenziell mehr Flexibilität und Kapazitäten, aber auch Qualitätssicherung.

Rocio Ramirez: Auch aus dem Blick auf die verschiedenen Maßnahmen hier in Deutschland und aus der Fachliteratur zur Studienvorbereitung kann man etwas lernen. Die Programme konzentrieren sich verständlicherweise stark auf Fachinhalte und Sprache. Das ist ja auch ihr Kernauftrag. Aber dabei können andere Aspekte stärker in den Blick genommen werden, die für einen erfolgreichen Studieneinstieg und Studienverlauf, und ganz allgemein für das Leben in Deutschland, ebenfalls entscheidend sind. Dazu gehören zum Beispiel die emotionale Vorbereitung, der Umgang mit kultureller Vielfalt, die frühe soziale Integration oder auch ganz praktische Dinge wie Orientierung im Alltag. Und nicht zuletzt: Auch die Lehrkräfte in den Vorbereitungskursen sowie das Hochschulpersonal selbst brauchen Unterstützung und Vorbereitung, um gut mit den unterschiedlichen Bedarfen internationaler Studierender umgehen zu können.

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